„Bei der Verkehrsmobilität wird die Zukunft elektrisch, aber in welchem Zeitraum dies wie schnell kommen wird, ist schwer absehbar“, so Prof. Dr. Bernhard Arndt vom Technologietransferzentrum Elektromobilität Bad Neustadt bei seinem Vortrag in Geldersheim. Die Bürgeraktion Müll und Umwelt e.V. hatte am 29. November 2018 zu einem Informationsabend geladen und über 50 Zuhörer diskutierten und tauschten sich intensiv mit dem Professor aus.
Die Fortschritte in der Batterietechnik sind enorm und es passiert momentan sehr viel bei der Weiterentwicklung“
Prof. Dr. Bernhard Arndt
Die elektrische Antriebstechnik hat sich laut Dr. Arndt schon lange bewährt, so z. B. in der Bahn- oder Gabelstaplerindustrie. Auch in der Autobranche gebe es mittlerweile viele Hersteller und Fahrzeugtypen, die sich etabliert haben. Optimierungsfähig sind aber laut Dr. Arndt immer noch die Batterien – und an deren Weiterentwicklung forscht auch das Technologietransferzentrum in Bad Neustadt. Die Fortschritte in den letzten Jahren sind enorm „und es passiert momentan sehr viel“, so der Wissenschaftler. Als Beispiel nannte er unter anderem das „Aktive Balancing“. Bei diesem Verfahren wird die Energie von Zellen mit höherer Ladung auf Zellen mit niedrigerer Ladung übertragen. So erreiche man eine wesentlich höhere Lebensdauer und es sind bis zu 3000 Ladezyklen möglich. Weiterhin zeigten Versuche, dass durch geschicktes Be- und Entladen eine 1,5-fache bis doppelte Lebensdauer erreichbar ist. Auch die Preisentwicklung gehe seit drei bis vier Jahren kontinuierlich nach unten und dies werde in den nächsten Jahren auch so weitergehen, erläuterte Arndt.
250 Kilometer Fahrstrecke ohne Aufladung möglich
Noch immer habe der Verbrennungsmotor aber Vorteile bei der Reichweite, da Benzin oder Diesel sehr viel Energie pro Kilogramm bzw. Liter liefern. So müssten beispielsweise 2,1 Tonnen Batterien eingesetzt werden, um die Energie eines 50 Liter Tanks zu ersetzen. Aber auch hier gebe es bereits große Verbesserungen bei den E-Autos und bei wirtschaftlicher Fahrweise mit wenig zugeschalteten Verbrauchern seien vereinzelt schon über 250 km Fahrstrecke ohne Aufladung gut möglich.
„Elektroautos fahren leise und lokal abgasfrei“
Prof. Dr. Bernhard Arndt
Punktsieger ist das Elektro-Auto im Vergleich zum Verbrenner beim Wirkungsgrad. Dieser liege bei der Batterietechnik bei etwa 85 Prozent und bei Benzin- und Dieselmotoren lediglich bei 23 bzw. 33 Prozent. Diese Eigenschaft und der Vorteil, dass die E-Autos vor allem in Ballungsgebieten und Großstädten leise und lokal abgasfrei fahren wird dazu führen, dass sie vor allem für Kurzstrecken immer mehr eingesetzt werden, zeigt sich Dr. Arndt überzeugt. In China gebe es Städte, bei denen nur noch Elektro-Autos unbeschränkt zugelassen werden können.
Auf Kurzstrecken bewährt – Strom aus Erneuerbaren Energien
Mehrere Besucher meldeten sich zu Wort und berichteten von sehr positiven Erfahrungen vor allem im Kurzstreckenbereich mit Lademöglichkeiten zuhause. Hier sei das E-Auto heute schon wirtschaftlicher als ein Verbrenner und vor allem umweltfreundlicher, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Ein Besucher berichtete auch von neuen Fahrzeugen, die zukünftig an den Außenflächen Solarmodule integriert haben und somit bei Sonnenladung problemlos bis zu 250 km weit fahren können.
Dennoch gibt es noch einige Unzulänglichkeiten, von denen auch Besucher berichteten.
„Ich würde mir trotzdem wieder ein Elektro-Auto kaufen“
Josef Hart aus Geldersheim
Josef Hart aus Geldersheim schilderte mit einigen lustigen Geschichten, was er als E-Fahrer vor allem auf längeren Strecken schon erleben musste. Als Hindernis stellen sich laut ihm des Öfteren die unterschiedlichen und teilweise nicht funktionierenden Bezahlarten an den Ladestationen dar. Hier wünscht er sich, dass die Standard-Zahlkarten der meisten Bürger zukünftig auch für das Aufladen funktionieren. Manchmal sind es laut ihm aber auch einfache Dinge, wie das Fehlen einer vernünftigen Beschilderung zur Ladestation oder defekte Stationen, die den Adrenalinspiegel steigen lassen, wenn nicht klar ist, ob die Reichweite noch bis zur nächsten Lademöglichkeit reicht. Sein Fazit: „Ich würde mir trotzdem wieder ein Elektro-Auto kaufen“, denn in Summe bin ich zufrieden“.
Fehlende Standardisierung bei Ladesteckern
Die fehlende Standardisierung bei den Ladestationen und Ladesteckern sowie Kabel wunderte auch einen anderen Zuhörer. Mit dieser Frage wendete er sich auch an den Vortragenden. Professor Arndt sieht den Grund bei den E-Auto Herstellern: „Hier werden gute Lösungen nicht übernommen, weil jeder seine eigene Technik durchsetzen möchte“. Ob hier eine Standardisierung langfristig machbar sei und kommen wird, könne man heute noch nicht abschätzen. Eine Frage bezog sich auch auf die Ladezeit und Haltbarkeit von Batterien. Beide Themen sind abhängig von den Einsatzgebieten und Handhabung und könne nicht pauschal beantwortet werden. So hängt die Reduzierung der Akkuleistung beispielsweise stark davon ab, wie häufig eine Batterie be- und entladen wird oder ob es schädliche Tiefenentladungen gegeben hat. Auch sei ein Aufladen bis max. 90 Prozent lebenserhaltender als 100 Prozent Maximal-Aufladungen. Die Voll-Ladezeit sei bei Lichtstrom zehn bis zwölf Stunden, bei Drehstrom etwa zwei bis drei Stunden und mit Schnell-Ladestationen sogar in 45 bis 15 Minuten möglich.
Keine Gesamtbilanz für Umweltbelastung bei Batterieherstellung
Kritisch hinterfragt wurden die Umweltbelastungen und Arbeitsbedingungen in Afrika bei der Gewinnung von Rohstoffen für die Batterieherstellung sowie die Abhängigkeit bei den Rohmaterialien von wenigen Ländern. In diesem Zusammenhang kam auch die Frage auf, ob es umweltbelastende Gesamtbilanzen für die Elektro-Auto Herstellung und Nutzung gebe. Laut Professor Arndt liegt dies aber aufgrund der vielen komplexen Teilaspekte bisher nicht vor. Nach Meinung eines Anwesenden müsste man dann aber auch die Frage stellen, ob es denn im Gegenzug auch Bilanzen gebe, unter welchen Bedingungen Rohöl gefördert und transportiert werde und wie viel Umweltzerstörung es durch Unfälle oder defekte Pipelines dabei gibt. Auch hier scheint es keine Gesamtbilanzen zu geben und somit eine Gegenrechnung mehr als schwierig.
„Für Lithium-Ionen Batterien gibt es bereits heute schon gute Recyclingverfahren“
Prof. Dr. Arndt
Abschließend wurde noch von einem Zuhörer darauf verwiesen, dass es hinsichtlich der Verwertung und des Recyclings für E-Autos und Batterien noch keine klaren Vorgaben oder Gesetze gebe und deshalb von der Politik gefordert werden müsse, diese Lücke zu schließen. Professor Arndt berichtete, dass für die Lithium-Ionen Batterien bereits heute schon gute Recyclingverfahren zum Einsatz kommen, die funktionieren. Hier werde durch ein neues Batteriemanagement die Wiederverwendung ermöglicht und die Zellen blieben erhalten.
Die rege Diskussion und der intensive Austausch während der Veranstaltung zeigten, dass das Thema momentan auf großes Interesse stößt und sich immer mehr Menschen überlegen auf Elektro-Autos umzustellen.