Position zum Rückbau AKW

Positionspapier der Bürgeraktion Müll und Umwelt Schweinfurt e.V. (BAMU) zum Rückbau des AKW Grafenrheinfeld

Stand 9. Juni 2016


Hinweis: Die Positionen decken sich an vielen Stellen mit der Resolution des Kreistages des Landkreises Schweinfurt, sowie in Auszügen mit dem Positionspapier von „ausgestrahlt“. Sie sind an verschiedenen Stellen ergänzt und auf die regionalen Begebenheiten spezifiziert.

1. Übergreifende Forderung:
Grafenrheinfeld darf nicht von einem AKW‐Standort zu einem Atommüll‐Standort werden.

2. Der sofortige Rückbau, d. h. keine Verlagerung der Probleme und Herausforderungen auf nachfolgende Generationen, ist sinnvoll. Das Wissen und die Erfahrung des bisherigen fachkundigen Personals der Anlage kann so noch bestmöglich genutzt werden und mit einfließen. Aufgrund der Komplexität müssen aber detailliert die möglichen Alternativ‐Verfahren, „Direkter Rückbau“ und „Sicherer“ Einschluss, ergebnisoffen und sachlich vor allem in konkretem Bezug auf die Gegebenheiten am Standort Grafenrheinfeld geprüft werden. Im Vordergrund müssen die Sicherheits‐Aspekte zum Schutz der Bevölkerung und Umwelt stehen und nicht irgendwelche wirtschaftlichen Interessen des Betreibers beim Rückbau.
Anmerkung: Die Begrifflichkeit sicherer Einschluss täuscht über die dabei weiterhin vorhandenen Gefahren hinweg. Viele Initiativen, darunter auch BAMU, bevorzugt deshalb den Begriff „Einschluss“.

3. Nach geltenden Empfehlungen der Reaktorsicherheitskommission (RSK) von 2005 soll zu Beginn einer Stilllegung eine umfassende radiologische Charakterisierung der Anlage durchgeführt werden. Dadurch wird das Wissen über den Reaktor erhalten, es können eine fundierte Abwägung über das Stilllegungskonzept erfolgen und die Rückbauschritte so geplant werden, dass sie die Strahlenbelastung und das Störfallrisiko möglichst gering halten (Auszug aus dem Positionspapier von „ausgestrahlt“). Diese Forderung unterstützt BAMU gleichermaßen.

4. So lange sich noch abgebrannte Brennelemente unter Wasserkühlung im Reaktorgebäude befinden, dürfen dort keine Abriss‐Maßnahmen vorgenommen werden. Mit dem Rückbau des Reaktorgebäudes darf erst begonnen werden, wenn die Brennelemente aus dem Kontrollbereich entfernt worden sind.

5. Bei einem Rückbau fallen schwach‐ und mittelradioaktive Abfälle an.
Diese müssen unverzüglich und sicher entsorgt werden.
Ein weiteres Zwischenlager hierfür am Standort Grafenrheinfeld oder in den umliegenden Deponien wird strikt abgelehnt.

6. Vor und während der verschiedenen Planungs‐ und Ausführungsverfahren zur Stilllegung und Rückbau muss völlige Transparenz vom Anlagenbetreiber und den Behörden der Öffentlichkeit gegenüber sichergestellt werden ‐ insbesondere das Ergebnis der laufenden Umweltvertr.glichkeitsprüfung. Eine Öffentlichkeitsbeteiligung ist für alle Phasen und Maßnahmen, auch bei späteren Änderungen, vorzunehmen.

7. Die Genehmigung des bereits vorhandenen Zwischenlagers „Bella“ endet 2046.
Eine Verlängerung dieser Frist über den genehmigten Zeitraum hinaus lehnen wir entschieden ab. Stattdessen wird der Abtransport in ein Lager mit wesentlich höherem Sicherheits‐Standard so bald wie möglich schon heute gefordert. Es muss sichergestellt werden, dass zwischenzeitlich keine weiteren Castoren von anderen Standorten in das Zwischenlager Grafenrheinfeld eingelagert werden. Ebenso darf kein weiterer atomarer Müll vom Abriss dort zusätzlich eingelagert werden. So lange das Zwischenlager am Standort besteht ist eine bestmögliche, kontinuierliche Sicherung zu gewährleisten. Dafür muss eine umfassende Neuprüfung und substantielle Verbesserungen in Betracht gezogen werden. Eine Reparatur defekter Castorbehälter vor Ort ohne Auswirkung auf die Umgebung muss jederzeit sicher gewährleistet sein.

8. Die kontinuierliche Begleitung und Überwachung während aller Phasen des Rückbaus muss durch die Genehmigungs‐ und Aufsichtsbehörden sowie durch unabhängige Sachverständige sichergestellt werden. Beim „Messen“ von Abbaumaterial dürfen externe Sachverständige jederzeit stichprobenartig kontrollieren und gegenprüfen. Eine bestmögliche, kontinuierliche Überwachung dieses Prozesses muss erfolgen. Die Kontrollergebnisse einschließlich der aufgenommenen Messwerte sind regelmäßig im Internet zu veröffentlichen.

9. Auch während der Stilllegung und des Rückbaus werden radioaktive Stoffe von der AKW‐Anlage an die Umgebung abgegeben. Die Ableitung von radioaktiven Stoffen über den sog. Fortluftkamin und über das Abwasser muss dokumentiert und die Werte regelmäßig auf der Website des LFU und in der regionalen Presse veröffentlicht werden. Die Bürgeraktion Müll und Umwelt e.V. wird ihr Messnetz zur Überwachung der Radioaktivität der Luft im Landkreis Schweinfurt weiterhin betreiben und mögliche Unregelmäßigkeiten während des Abbaus unverzüglich prüfen, melden sowie veröffentlichen.

10. Wir fordern, als vertrauensbildende Maßnahme, den baldmöglichsten Abriss der Kühltürme, sobald diese für die Sicherheit beim AKW‐Rückbau nicht mehr vonnöten sind.

11. Beim Rückbau muss Staub‐und Lärmbelastung für die umliegenden Dörfer vermieden werden.

12. Der Abtransport der anfallenden Materialien muss umweltverträglich mit den geringsten Belastungen für die Umwelt erfolgen. Die Nutzung der Main‐Schiff‐Fahrt ist dabei einzubeziehen.

13. Die Lagerung von Bauschutt oder sonstigem freigemessenem Material aus dem AKW‐Abriss auf der Deponie Rothmühle lehnen wir ab, da ansonsten der Landkreis sein Füllvermögen für ein einziges Großprojekt zu sehr aufbrauchen würde. Stattdessen muss die vorhandene Deponiefläche langfristig für das Aufkommen der Bürger im Landkreis aufrechterhalten werden. Ebenso wären weitere, zusätzliche Verkehrs‐ oder Staubbelastungen am Deponiegelände für die angrenzenden Ansiedlungen nicht zumutbar. Zudem fordern wir, dass alle Materialien aus dem Rückbau (auch die freigemessenen) in einem Altlastenkataster bilanziert und registriert werden müssen, um eine spätere Nachvollziehbarkeit der Verbringung ermöglichen zu können. Das Kataster muss auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

14. Die vorhandene Deklarationshalle auf dem Deponiegelände Rothmühle darf nicht für Freimessungen oder sonstige Dekontaminierungsmaßnahmen von AKW‐Abrissmaterial benutzt werden. Die Hallen und Örtlichkeiten auf dem dortigen Gelände sind dafür nicht geeignet.

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